Die Palatinallinie

      Mit der Übertragung des Verteidigungsschwerpunktes auf einen Ring aus einzelnen Forts, die die zentrale Festung umgeben, entstand im 19. Jahrhundert ein neues Befestigungssystem, das auch Fortfestung genannt wird. Es bestand aus zwei Elementen - der alten Festung (oft auch Zitadelle genannt) und einem Ring vorgeschobener Forts. Die theoretischen Prinzipien der Fortfestung wurden in den meisten europäischen Staaten verwirklicht. Vor allem die Konzeption
der Festung Modlin ähnelt mit ihrer ersten (1806–1812) und zweiten Phase (1830–1840) derjenigen von Komorn. Mit der Erfindung der gedrillten Geschützläufe im Jahre 1859 verschob sich der Schwerpunkt der Verteidigung der Festungskomplexe vom Polygon auf die Forts und die ins Vorfeld geschobenen Verteidigungslinien.

      Im 19. Jahrhundert waren die Befestigungsanstrengungen der Habsburgermonarchie vor allen von zwei weltpolitischen Vorgaben geprägt: zu Beginn des Jahrhunderts von den Eroberungskriegen Napoleon Bonapartes, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts vom Konflikt zwischen Preußen und Österreich. Der erste Schritt zur Errichtung der Palatinallinie war der Bau einer provisorischen vorgeschobenen Festungslinie, die aus sechs durch Wälle verbundene Reduits etwa drei Kilometer von der zentralen Zitadelle entfernt bestand. Die Befestigungsarbeiten leitete der Neffe Kaiser Joseph II. und Palatin von Ungarn, Josef Anton (1779–1835), und zu seinen Ehren benannte man sie “Palatinallinie” (Palatinalverschanzungen, Linea Palatinale). An ihrer Stelle errichtete man in den Jahren 1839–1847 aus festem Baumaterial eine Verteidigungslinie neupreußischen Typs - ein wichtiges Glied der Fortfestung, auch wenn sie sich nicht durch eine geschlossene Anordnung auszeichnete wie die übrigen vorgeschobenen Forts. Sie besteht aus fünf fünfeckigen Bastionen, die mit weiteren Fortifikationsgliedern zu einer zusammenhängenden Kette verbunden sind. Es bestehen wohl keine Zweifel, daß es sich um den Höhepunkt und Nachklang des Bastionärsystems unter Nutzung aller bisherigen Erfahrungen und Formen des Verteidigungskampfes handelt, der den Übergang des Bastionärsystems zu neuen Verteidigungsformen belegt, denn die vermehrte Anwendung von Stahlbeton und Panzerkuppeln bewirkte Ende des 19. Jahrhunderts eine grundsätzliche Wende im Verteidigungsbau.

 

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