Das Festungssystem Komorn ist im
Wesentlichen gut erhalten. Zu einer
Unterbrechung der Verteidigungslinie
beziehungsweise zum Abriß einiger
Festungsteile kam es noch in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dieses
Schicksal ereilte die Außenglieder der
zentralen
Zitadelle und die Bastion I, von der nur das
Preßburger Tor und ein Fragment des
Retranchements erhalten blieben. Zwischen
den Bastionen II und III wurde der
Zwischenwall zum Zweck des Straßenbaus
durchschnitten, ein Teil der Wehrmauern
zwischen den Bastionen III und IV wurde für
Straßen und Eisenbahnlinien nach Bratislava
und Kolárovo saniert. Beim Waaganschluß
liegt der sanierte Mauerabschnitt zwischen
den Batterien IX und X.
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Zur Beschädigung und Zerstörung der Alten
und Neuen Festung trugen in großem Maß
besonders die sowjetischen Truppen bei, die
diese Räume von 1968–1991 nutzten. Heute
werden die Alte Festung und auch Objekte der
Neuen Festung teilweise von der Slowakischen
Armee genutzt. Die derzeitige Nutzung von
Objekten der Palatinallinie und des
Waaganschlusses durch verschiedene
Industrie- und Landwirtschaftsunternehmen
sowie Gewerbetreibende, die hier über
Betriebs- und Lagerräume verfügen,
entspricht zumeist nicht den Anforderungen.
In der Vergangenheit war sie auch die
Ursache für Verfall und minimale
Instandhaltung. Das bis heute gut erhaltene
Konzept, der relativ gute bautechnische
Zustand, unter Berücksichtigung der
günstigen geographischen Lage und der für
topographische Verhältnisse ungewöhnliche
monumentale Umfang erfordern eine
rechtzeitige Grundsatzlösung, die nicht nur
die Rettung des wertvollen Festungskomplexes
selbst ermöglicht, sondern auch dessen
optimale Nutzung in breiteren
gesellschaftlichen Zusammenhängen.
Zudem kann das Konzept auch neue Funktionen
erfüllen, deren Gewährleistung auf anderem
Wege aufwendiger und zeitlich schwerer
realisierbar wäre. Die Auswahl der Objekte
für eine gesamtgesellschaftliche Nutzung der
ganzen Festung ist bereits erfolgt. Vom
Gesichtspunkt der in verschiedenem Maß
erhaltenen gleichartigen Bastionen sind
bestimmte Änderungen möglich, und zwar in
dem Sinne, daß das am besten erhaltene
Objekt in Form eines musealen oder ähnlichen
Objektes am besten zugänglich sein wird. Die
Teile des Festungssystems müssen in den
Organismus der ständig wachsenden Stadt bei
gleichzeitiger Schaffung eines
Erholungsraums für die Einwohner von Komorn
integriert werden.
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Da es bei der heutigen
Projektierungstätigkeit zu Änderungen in der
Nutzung und Erneuerung der Objekte kommt -
dies ist besonders durch die künftigen
Benutzer und die gesamtgesellschaftlichen
Bedürfnisse gegeben - ist auch das Konzept
der Gesamtnutzung der Festung, der
Palatinallinie und des Waaganschlusses neu
anzupassen. Diese Bemühungen sind auch in
der Schwesterstadt Komárno festzustellen,
die im Rahmen der Republik Ungarn wirksame
Schritte für die Revitalisierung der
vorgeschobenen Forts unternimmt, und zwar
des Forts Igmánd, des Donau-Brückenkopfs und
vor allem des Forts Sandberg, das ebenso wie
die Alte Festung von den Sowjettruppen
geräumt wurde.
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Die Bastionen der Palatinallinie sind in
ihrer Disposition gleich; einzigartig in der
Form sind die Bastionen Vl und VII der
Waaglinie. Aus diesem Grund ist es primär
Aufgabe, die Grundtypen der
Befestigungsobjekte in der
Verteidigungslinie zu erhalten. Zu diesem
Zweck wird eine komplexe denkmalpflegerische
Erneuerung der Bastei V, der zwischen den
Basteien V und Vl liegenden Kasematten,
sowie der Basteien Vl und VII vorgeschlagen.
Gegenstand der ersten denkmalpflegerischen
Erneuerungsetappe war in den Jahren
1982–1991 die Bastion Vl mit dem anliegenden
Wallsystem. Die Auswahl der Bastion VI als
erstes Rekonstruktionsobjekt war vor allem
von den folgenden drei Faktoren bedingt:
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Sie ist für
den Typ der in der Mitte des 19.
Jahrhunderts errichteten
Befestigungsanlagen mit ausklingenden
Merkmalen einer Bastionsbefestigung am
charakteristischsten.
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Ihre
örtliche Lage prädestiniert sie für eine
neue Nutzung mit direkter Anknüpfung an
das nahe Erholungsgebiet der Stadt.
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Die Freigabe
der Räume in der Bastei VI für eine
Erneuerung war am wenigsten
problematisch.
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Erhöhte Aufmerksamkeit wurde besonders der
Rekonstruktion der zerstörten und
auseinander geschobenen Wälle gewidmet, dies
auf der Grundlage der ursprünglichen
Zeichnungsunterlagen und mit Darstellung der
Antrittsrampen und Gänge für die Artillerie.
Während der vorbereitenden
Reinigungsarbeiten, die vor allem im
Entfernen angeschwemmter Schichten aus den
Innenräumen und Innenhöfen bestand, kamen
die ursprünglichen Kanalisationssysteme,
Sozialeinrichtungen, Waschräume und Brunnen
zum Vorschein, die sich in der neuen Lösung
bei geänderter Funktion der Räume
authentisch präsentieren. In letzter Zeit
sind wir Zeugen weiterer Rekonstruktionen,
ausgeführt von solventen Unternehmern, die
auf eigene Kosten Objekte für den
Eigenbedarf erneuern und damit zur Rettung
des gemeinsamen Kulturerbes beitragen.
Positive Beispiele sind die Bastion I mit
dem Preßburger Tor, die Bastion IV sowie die
Bastion V, in der eine private Galerie ihren
Sitz gefunden hat.
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Da das Festungssystem vor allem dem
Fremdenverkehr und der Bevölkerung der Stadt
als Erholungs- und Freizeitgebiet dienen
soll, wurde im Abschnitt zwischen den
Bastionen IV bis VII ein “Historischer
Lehrpfad” vorgeschlagen, der zum erweiterten
Kennenlernen der Kultur beiträgt und den
Besuchern das vielgestaltige Kulturdenkmal
mit seiner meisterhaften Architektur
vorstellt. Die Streckenführung des
Lehrpfades soll so gestaltet werden, daß der
Besucher die Möglichkeit hat, alle Glieder
der Befestigungsanlagen sowie alle Typen von
Räumen kennen zu lernen: Wassergräben,
Verbindungs- und Geschützgalerien,
Artilleriekasematten, Zwischenwälle und
gedeckte Bastionswege. Die Erneuerung und
Rekonstruktion des ursprünglichen Zustands
ermöglicht nicht nur die Präsentation eines
bedeutsamen Kulturdenkmals, das in unserer
Republik ohnesgleichen ist und die letzten
Anstrengungen der Festungsbaukunst dieser
Art im 19. Jahrhundert widerspiegelt,
sondern sie ermöglicht auch die Schaffung
eines Erholungs- und Freizeitgebiets für die
Bevölkerung von Komárno sowie für den sich
ausweitenden internationalen Fremdenverkehr
in der Stadt.
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